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Senior Risk Consultant, Casualty und Practice Leader for Food and Beverages bei AXA XL

Verbraucherinnen und Verbraucher auf der ganzen Welt reduzieren aus ethischen, gesundheitlichen und klimabezogenen Gründen ihren Fleischkonsum. Dies ist eine große Chance für die Hersteller von Fleischersatzprodukten, alternative Proteinquellen auf den Markt zu bringen. Es gibt jedoch eine Reihe offener Fragen, die ein gezieltes Risikomanagement und eine sorgfältige Planung erfordern, wie Frank Matthiesen, Senior Risk Consultant, Casualty und Practice Leader for Food and Beverages bei É«¶à¶àÊÓÆµ erläutert.

Es wird erwartet, dass in den kommenden Jahren immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum reduzieren oder ganz auf Fleisch verzichten werden. Ob aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen oder um ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern, ersetzen viele Menschen Fleisch ganz oder teilweise durch alternative Proteinquellen.
Dem BMEL-Ernährungsreport 2022* (BMEL = Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) zufolge ernähren sich in Deutschland bereits 44 Prozent der Befragten flexitarisch, essen also gelegentlich Fleisch, verzichten aber ab und zu bewusst darauf. Weitere 7 Prozent ernähren sich vegetarisch und 1 Prozent ernährt sich vegan.

Eine Verringerung des Fleischanteils in der Ernährung kann dazu beitragen, das Risiko für bestimmte Krankheiten, wie Herzkrankheiten und einige Krebsarten, sowie für

Schadstoffbelastungen zu verringern. Der Verzehr von weniger Fleisch kann möglicherweise auch zur Gewichtsabnahme beitragen und die allgemeine Darmgesundheit fördern.
Die landwirtschaftliche Produktion von Fleisch, insbesondere von Rindfleisch, trägt ebenfalls erheblich zu den Treibhausgasemissionen bei, insbesondere in Form von CO2 und Methan. Es wird angenommen, dass Fleischersatzprodukte den Kohlenstoff-Fußabdruck von Lebensmitteln um bis zu 75 % verringern können.

Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, die bis 2050 voraussichtlich zehn Milliarden Menschen erreichen wird, müssen mehr Menschen ernährt und Wege gefunden werden, dies effizient, kostengünstig und mit möglichst geringen Auswirkungen auf das Klima zu tun.

Dies bietet den Lebensmittelherstellern eine erhebliche Chance, Wege zu finden, um Proteinalternativen zu Fleisch anzubieten. Doch mit den Chancen kommen auch potenzielle Risiken, und es gibt verschiedene Bereiche, in denen durch gezieltes Risikomanagement, technische Risikobewertung und Forschung die Gefahr von Schäden reduziert werden kann.

Alternative Proteinquellen

Es gibt drei Hauptquellen für fleischlose Proteinersatzstoffe: pflanzliche Ersatzstoffe, aus Insekten gewonnenes Eiweiß und kultiviertes oder im Labor erzeugtes Fleisch, sogenanntes in-vitro-Fleisch.

Pflanzliche Alternativen, wie z.B. Linsen-Burger, können gering verarbeitet sein, wenn sie frisch und in kleinem handwerklichem Maßstab hergestellt werden. In industriellem Maßstab sind sie üblicherweise jedoch hochverarbeitet und enthalten zahlreiche Zusätze wie Farbstoffe, Aromen und Stabilisatoren sowie Hilfsstoffe zur Erzielung fleischähnlicher Textur und Sensorik.
Kultiviertes oder im Labor erzeugtes Fleisch wird durch die Gewinnung von Stammzellen aus Tieren hergestellt und anschließend in einem Nährmedium und Strukturmaterial vermehrt. Dazu sind bestimmte Zusatzstoffe erforderlich, die u.a. die Zelldifferenzierung und Sterilität gewährleisten.

Insektenproteine werden entweder aus Larven oder ausgewachsenen Insekten gewonnen, die teils mit Nebenprodukten wie Lebensmittelabfällen gemästet und anschließend zur Proteingewinnung verarbeitet werden.

Offene Fragen

Auch wenn diese drei Arten von Fleischersatzprodukten viele Vorteile bieten, stellt jedes von ihnen − bis zu einem gewissen Grad − ein neues potenzielles Risiko für die Hersteller dar.
Zwar wird angenommen, dass pflanzliche Produkte einige gesundheitliche Vorteile bieten, wie z.B. eine geringere Wahrscheinlichkeit von ernährungsbedingten Krankheiten oder Übertragung von Krankheitserregern, doch gibt es auch einige weniger untersuchte und weniger bekannte potenzielle Gesundheitsaspekte. So kann es beispielsweise Probleme mit der Verdauung von isolierten und aufkonzentrierten Proteinen auf pflanzlicher Basis geben und wie bei allem Neuen können unbekannte Risiken bestehen, wie etwa mögliche Allergien auf bestimmte Zutaten.

Industriell verarbeitete pflanzliche Fleischersatzprodukte weisen oftmals einen hohen Gehalt an Zucker, Salz, pflanzlichen Fetten und anderen Zusatzstoffen auf, die dem fleischartigen Geschmack und der Haltbarmachung der Produkte dienen. Bestimmte Zusatzstoffe wie Methylcellulose und Carrageen, die diesen Produkten ihre Textur und Konsistenz verleihen, stehen in der Diskussion, da sie zu entzündlichen Darmerkrankungen beitragen können, wenn sie in größerer Menge verzehrt werden. 

Weitere Bedenken bestehen hinsichtlich des Nährwerts und dem Beitrag zu einer gesunden Ernährung einiger Produkte. Daher sind eine korrekte Kennzeichnung und validierte gesundheitsbezogene Aussagen ohne Übertreibungen wichtig, um Verbraucherinnen und Verbraucher nicht zu täuschen. 

Wenn in-vitro-Fleisch zukünftig in einem industriellen Maßstab hergestellt wird, muss es vor mikrobiologischer Kontamination geschützt werden, so dass auch hier mit dem Einsatz antibiotisch wirkender Substanzen zu rechnen ist. Insbesondere bei der Nachbildung von Muskelgewebe wird an biotechnologischen Alternativen zu Kälberserum im Nährmedium und der Verwendung von Kollagen als Strukturmaterial geforscht. Hier sind auch Ansätze in der Entwicklung, die auf gentechnischen Verfahren basieren. 

Darüber hinaus ist nicht klar, ob der Verzehr von im Labor hergestelltem Fleisch per se gesünder ist als der von Fleisch tierischer Herkunft. Auch hier ist die Vermeidung von übertriebenen Gesundheitsversprechen geboten. 

Aus Insekten gewonnene Proteine werden oft als „die Zukunft der Lebensmittel“ gepriesen. Es gibt jedoch noch einige offene Fragen und Risikopotenziale. Zunächst ist es wie bei pflanzlichen Proteinen wichtig, den Nährwert der Produkte zu verstehen und sicherzustellen, dass sie den Verbrauchern richtig erklärt und entsprechend gekennzeichnet werden.
Ebenso besteht die Möglichkeit, dass Allergene in aus Insekten gewonnenen Proteinen enthalten sind, die insbesondere bei bestehenden Allergien auf Krebstiere und Hausstaubmilben − sie alle gehören wie die Insekten zu den Gliedertieren − zu allergischen Reaktionen führen können. Daher ist hier, unabhängig von den gesetzlichen Regelungen, eine Kennzeichnung der Proteinherkunft angeraten.

Die Art und Weise, wie Insekten zur Eiweißgewinnung „gezüchtet“ werden, birgt ebenfalls gewisse Risiken. So können sich beispielsweise Schadstoffe in der Nahrungskette ansammeln, wenn die Insekten mit Nebenprodukten, z.B. aus der Lebensmittelindustrie, gefüttert werden. Es besteht auch hier die Möglichkeit einer mikrobiologischen Kontamination über das Futter.
Obgleich alle Fleischersatzprodukte das Potenzial haben, den ökologischen Fußabdruck unserer Ernährung zu verringern, sind bei ihrer Herstellung immer noch Verfahren und landwirtschaftliche Techniken im Spiel, die Auswirkungen auf die Umwelt haben. Wie bei den gesundheitsbezogenen Angaben sollten die Hersteller von Fleischersatzprodukten in der Lage sein, ihre Aussagen über die Emissionsreduzierung zu belegen und nicht zu übertreiben. 

Regulatorische Auswirkungen

Die Herstellung von Lebensmitteln ist aus naheliegenden Gründen weltweit reguliert − die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sollten hier an erster Stelle stehen.

Was Fleischersatzprodukte betrifft, so befassen sich die Aufsichtsbehörden weltweit mit der Regulierung und Zulassung dieser neuartigen Produkte mit teils unterschiedlichen Ansätzen. 
Derzeit gibt es keine besonderen rechtlichen Hürden für die Herstellung von Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher Basis, sofern diese nicht aus „neuartigen“ Pflanzen oder Pflanzenbestandteilen stammen. Im Gegensatz zu den traditionellen Lebensmitteln bedürfen diese neuen Erzeugnisse, zu denen auch exotische Samen wie Chiasamen, aber auch Proteinisolate aus Pflanzen und Insekten gehören, in der EU einer lebensmittelrechtlichen Zulassung nach der Novel Food Verordnung. In den USA erfolgt die Zulassung nach anderen, von der FDA herausgegebenen, Kriterien und auch Großbritannien geht zukünftig einen eigenen Weg bei der Zulassung. Gleiches gilt für in-vitro-Fleisch.

Singapur hat als erster Staat im Jahr 2020 Fleisch aus Laborkulturen zugelassen. In den Vereinigten Staaten erfolgte eine erste Zulassung eines in-vitro-Hähnchenfleischs im November 2022 und weitere Zulassungen werden folgen. In der Europäischen Union gibt es mit Stand November 2022 jedoch noch keine Zulassungen oder Anträge auf Zulassung für im Labor erzeugtes Fleisch.

Branchenexperten und Hersteller werden die Entwicklungen im Bereich der Produktzulassungen in den verschiedenen Märkten natürlich genau verfolgen, öffnen sich doch damit neue Märkte und Geschäftsfelder.

Lebensmittel der Zukunft

Es ist offensichtlich, dass in den kommenden Jahren immer mehr von uns zumindest für einen Teil unserer Ernährung auf Fleischersatzprodukte zurückgreifen werden. Große und kleine Lebensmittelhersteller arbeiten bereits intensiv an Wegen, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren, die gesünder und ethisch korrekter essen und die Umwelt weniger belasten möchte.

Wie bei allem Neuen wird es Risiken und Widerstände geben, wenn sich dieser Trend beschleunigt. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die die Hersteller alternativer Proteine in Zusammenarbeit mit Risikospezialisten und  ingenieuren ergreifen können, um diese potenziellen Risiken zu verringern.
Maßnahmen zur Förderung von sicheren Herstellungsverfahren, sicheren Produkten, Transparenz in der Erzeugung sowie Einhaltung internationaler und regionaler Vorschriften zur Inverkehrbringung und Kennzeichnung sind Herausforderungen, denen sich die industriellen Hersteller jetzt stellen müssen, um langfristig einen Erfolg und steigende Marktanteile zu erzielen.

Die öffentliche Diskussion kann dabei als Triebfeder für die Nachfrage nach alternativen Produkten mit einem Mehr an Gesundheits-, Umwelt- und Klimanutzen angesehen werden.
Die Lebensmittel und die Ernährung der Zukunft entwickeln sich stetig weiter und mit ihnen die Chancen und Risiken. Doch mit einem angemessenen Risikomanagement und der Beachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse könnte sich unser Speisezettel schon sehr bald grundlegend verändern. 

 

*BMEL-Ernährungsreport 2022: HERAUSGEBER Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, abrufbar unter BMEL - Publikationen - Ernährungsreport 2022


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