
Captives: Das Auf und Ab auf dem Versicherungsmarkt meistern
January 10, 2020
Von Matt Latham, Head of Global Programs and Captives at AXA XL.
Veränderungen auf dem allgemeinen Versicherungsmarkt haben sich seit jeher auf den Captive-Markt ausgewirkt. Viele dieser Eigenversicherer sind gerade in Zeiten entstanden, in denen der Versicherungsschutz für bestimmte Sparten schwieriger oder teurer wurde. Eine Reihe großer Unternehmen gründete Mitte der 1980er Jahre Captives, um die Herausforderungen der US-Haftungskrise zu bewältigen. Daraus entstanden XL, ein Vorgänger von É«¶à¶àÊÓÆµ und ACE. Beide sind heute global aufgestellte Versicherungsgesellschaften.
In den letzten Jahren haben sich hohe Verluste durch Naturkatastrophen auf den Versicherungs-, Rückversicherungs- und Retrozessionsmarkt ausgewirkt. Vor zwei Jahren fegten die Hurrikane Harvey, Irma und Maria durch Teile der USA und der Karibik, wobei Menschen ums Leben kamen und große Versicherungsschäden entstanden.
Im vergangenen Jahr führten Stürme in den USA, Japan und Europa sowie Waldbrände, Frosteinbrüche, Überschwemmungen und Dürren zu einer weiteren schweren Schadenbelastung für die gesamte Versicherungsbranche.
Dies veranlasste die Versicherer, ihre Versicherungskapazitäten in bestimmten Sparten zu reduzieren und auf Prämienerhöhungen oder Änderungen der Versicherungsbedingungen zu setzen. Unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie einem anhaltenden Niedrigszinsumfeld, dürfte sich dieser Trend noch eine Weile fortsetzen.
Ändern sich die Marktbedingungen, kann sich eine Captive im Arsenal des Risikomanagements als äußerst nützlich erweisen. Wenn sich Kunden dafür entscheiden, mehr Risiko in einer Captive selbst zu tragen, können sie oberhalb des Selbstbehalts Deckungsschutz auf den Versicherungsmärkten einkaufen, der preislich nicht so unter Druck steht.
Einer der großen Vorteile des Underwritings durch eine Captive ist, dass Sie eine größere Kontrolle über die Prämie haben, die Sie berechnen werden. Und dieser Preis wird ausschließlich von den Verlusten des Unternehmens beeinflusst, nicht von den Verlusten und anderen Makroeffekten auf dem gesamten Markt.
So kann eine Captive ein Unternehmen etwas von den Preisschwankungen des Versicherungsmarktes abschirmen. Je mehr Risiko Sie selbst übernehmen, desto mehr Kontrolle haben Sie über Ihre Versicherungsprämie.
Nehmen wir das theoretische Beispiel eines Unternehmens, das 100 Mio. Euro an Sach- und Betriebsunterbrechungslimits kauft. Es setzt eine Captive ein, die die ersten 500 Tsd. Euro eines jeden Schadens übernimmt, und den traditionellen Markt für darüberhinausgehende Schadensummen. Die Captive erhält eine Prämie von 1 Mio. Euro und der Rest des Marktes berechnet derzeit 4 Mio. Euro.
Unter den aktuellen Marktbedingungen und angesichts des mangelnden Appetits für die Branche des Kunden, in der es erhebliche Sachschäden gab, will der Versicherungsmarkt seinen Preis auf 6 Millionen Euro anheben. Um dies abzumildern und im Vertrauen auf ihre Risikomanagementprozesse, erhöht die Captive ihren Selbstbehalt auf 2,5 Millionen Euro. Die dafür erforderliche Prämie beträgt 2 Mio. Euro. Aufgrund des erhöhten Selbstbehalts ist der Versicherungsmarkt bereit, Konditionen über 2,5 Mio. Euro für eine Prämie von 3,5 Mio. Euro anstelle der ursprünglich geforderten 6 Mio. Euro anzubieten.
Damit beträgt die Gesamtprämie nun 5,5 Mio. Euro statt der potenziellen 7 Mio. Euro. Die Captive ist mehr Risiko eingegangen, so dass wir uns nicht nur die Prämie ansehen sollten, aber unter der Annahme normaler Schadenmuster hat sie dazu beigetragen, Preiserhöhungen abzumildern, die nicht auf ihre eigene Schadenerfahrung zurückzuführen sind. Diese Art der Diskussion ermöglicht es allen Beteiligten, das für den Kunden optimierte Risikofinanzierungsmodell zu verstehen. Es schafft auch eine Beziehung, in der die Interessen aller Beteiligten aufeinander abgestimmt sind.
Neue Konditionen, neue Risiken
Ein Bereich, in dem wir zunehmendes Interesse an der Verwendung von Captives sehen, ist das Cyber-Risiko.
Da Versicherer zur Vermeidung sogenannter „Silent“ Cyber-Exposures zunehmend klare Cyber-Ausschlüsse in ihre Policen aufnehmen, haben viele Versicherungsnehmer begonnen, zusätzlichen Cyber-Deckungsschutz in ihren Captives zu zeichnen, um diese potenziellen Lücken zu schließen.
Und da sich die Konditionen verschlechtern, die Risikomanagern in anderen Sparten angeboten werden, dürften sich einige Unternehmen entscheiden, die Absicherung über ihre Captives zu erhöhen.
Neugründungen
Beschäftigt sich ein Risikomanager mit der Gründung einer neuen Captive, muss er seinem Vorstand in der Regel einen Business Case vorlegen. Einige von denen, die diese Möglichkeiten in der Vergangenheit ausgelotet haben, konnten ihren Vorstand möglicherweise aufgrund mangelnder Beweggründe nicht von dieser Strategie überzeugen. Höhere Prämien oder eine eingeschränkte Deckung können der Argumentation jedoch viel Gewicht verleihen. Nachgewiesene Kosteneinsparungen – die zeigen, wie die Risikofinanzierungskosten mit der Captive optimiert werden können – können einem Risikomanager die nötigen Argumente bieten, um den Vorstand zu überzeugen.
Eine Veränderung in der klassischen Dynamik des Versicherungsmarkts kann der Anstoß für ein Unternehmen sein, sich für die Gründung einer Captive zu entscheiden. Sobald die Captive dann ihre Tätigkeit aufgenommen hat, entwickeln Risikomanager und ihre Vorstände bei einem erhöhten Risikoselbstbehalt oftmals ein Gefühl von Sicherheit. Dies veranlasst sie in vielen Fällen dazu, verschiedene Geschäftszweige innerhalb der Captive zu versichern, wodurch die Captive zu einem wesentlichen Bestandteil eines Enterprise-Risk-Management-Ansatzes und zu einem Schlüsselelement in der gesamten Risikomanagement-Philosophie des Unternehmens wird.
Captives sind heute fest im Visier neuer Unternehmen und solcher Gesellschaften, die bisher nicht eigenversichert haben. In den letzten Monaten haben wir mit zahlreichen Unternehmen unterschiedlicher Art Gespräche über die Gründung einer Captive geführt.
Es mag widersinnig erscheinen, aber aufgeklärte Versicherungsunternehmen unterstützen ihre Kunden tatkräftig bei der Gründung von Captives. Wenn ein Unternehmen einen größeren Selbstbehalt übernimmt oder eine Captive gründet, kann das bedeuten, dass die Versicherer eine geringere Prämie erhalten. Aber wenn der Attachment Point höher ist und der Schwerpunkt zunehmend auf Risikomanagement-Aktivitäten gelegt wird, macht dies die letztlich erhaltene Versicherungsprämie profitabler.
Voraussetzung dafür ist ein konstruktiver und kontinuierlicher Dialog zwischen dem Kunden, seinen Beratern und dem Versicherer. Versicherer wollen sich nicht vor schwierigen Märkten verstecken. Wir wollen unsere Kunden bei der Entwicklung nachhaltiger Strategien der Risikofinanzierung unterstützen, mit denen sie das Auf und Ab auf dem Versicherungsmarkt meistern.
Erstveröffentlichung bei Captive International.Weitere Artikel
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