É«¶à¶àÊÓÆµ

¸éü³¦°ì±¹±ð°ù²õ¾±³¦³ó±ð°ù³Ü²Ô²µ
Ressourcen & Tools

Von

Deutschland wird in Relation zu vielen anderen Märkten selten von Erdbeben heimgesucht und so schnell wird uns auch kein Tsunami erreichen. In den letzten Jahren haben wir jedoch eine zunehmende Zahl anderer Naturphänomene beobachtet, die aufgrund massiver finanzieller Schäden teilweise erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 80 Prozent aller Wirtschaftssektoren von klimatischen Bedingungen beeinflusst sind. In manchen Branchen ist der Einfluss von Wetterereignissen offensichtlicher als in anderen. Dass ein Dürresommer in der Agrarwirtschaft zu reduzierten Ernteergebnissen führt, ist leicht nachvollziehbar. Allerdings führen extreme Wetterereignisse auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen zu erhöhten Kosten oder Umsatzausfällen – besonders für Unternehmen des Mittelstands.

Oft können wetterbedingte Verluste nur schwer beziffert und trennscharf nachgewiesen werden, da sie über reine Sachschäden hinausgehen. Zugunsten von Planungssicherheit und einer Verringerung der Ertrags- und Cash-flow-Volatilität können entsprechende Deckungskonzepte dabei helfen, im Versicherungsfall schnell nach vorher festgelegten und eindeutigen Kriterien Entschädigung zu leisten. Zwei der großen Vorteile von sogenannten parametrischen Versicherungen.

Parametrische Versicherungen

Im Gegensatz zu traditionellen Versicherungslösungen stehen beim parametrischen Deckungsansatz eindeutige Kennwerte (daher „Parameter“ als Namensgeber) im Zentrum der Betrachtung. Im Falle einer Über- oder Unterschreitung der vereinbarten Schwellenwerte wird die entsprechende Deckungssumme bis zur Höhe der vom Kunden bestätigten, tatsächlich entstandenen Schäden gezahlt.

Mögliche Klimaparameter, die mit den Risiken der Kunden korreliert werden, sind z.B. Temperatur, Niederschlagsmenge, Windstärke, die Größe von Hagelkörnern oder der Wasserstand auf Flüssen.

Vor Abschluss des Vertrages werden die für den Kunden relevanten Parameter definiert. Missverständnissen im Schadenfall oder potenziellen Unstimmigkeiten bezüglich der Ergebnisse von Schadengutachten wird mithilfe objektiver Messdaten vorgebeugt, die eine Entschädigungszahlung auslösen. Um eine passgenaue Deckung für individuelle Risiken zu erreichen, können die Parameter flexibel kombiniert werden. Versicherungsnehmer haben im gesamten Verlauf der Versicherungsperiode die Möglichkeit, die laufend gemessenen Daten einzusehen und profitieren damit von absoluter Transparenz. Gleiches gilt für den Versicherer. Parametrische Lösungen bieten also einen transparenten Mechanismus, der für keine Partei Interpretationsspielraum in Sachen Deckung zulässt.

Flexibilität

Ein weiterer großer Vorteil ist die hohe Flexibilität parametrischer Versicherungen. Auf Wunsch der Kunden können verschiedenste Parameter in das Deckungskonzept einfließen und sowohl Selbstbehalte als auch die Versicherungssumme flexibel an die spezifischen Bedürfnisse angepasst werden. Für die Berechnung der Prämie werden i.d.R. keine Informationen über die Vorschadenhistorie benötigt, da das Eintreten bestimmter Ereignisse bzw. definierter Parameter abgesichert wird. Damit sind auch finanzielle Verluste oder Betriebsunterbrechung ohne vorangegangenen Sachschaden versicherbar.

Wie funktioniert parametrische Versicherung?

1. Analyse der Wetterempfindlichkeit des Unternehmens. Der Versicherer bewertet potenzielle finanzielle Auswirkungen, z. B. erhöhte Kosten oder fallende Umsätze, aufgrund der abzusichernden Wetterrisiken (Hitze, Niederschlag, Kälte, Dürre, Wind usw.).

2. Gestaltung der individuellen Versicherungslösung. Auf Basis der Ergebnisse wird ein Wetterindex vereinbart, der gemäß Risikoort und -periode maximal mit dem Risiko des Kunden korreliert ist. Entsprechend werden Entschädigungszeitpunkt und Versicherungssumme definiert. In der Regel kann bereits nach einer Woche das erste Angebot erstellt werden.

3. Auszahlung nach Über- bzw. Unterschreitung vereinbarter Schwellenwerte. Eine Entschädigung wird auf Basis zertifizierter Wetterdaten ausgelöst und innerhalb kürzester Zeit ausgezahlt.

Anwendungsbereiche parametrischer Deckungskonzepte

Risiko: Niedrigwasser

In Deutschland werden jährlich 223 Millionen Tonnen Fracht mit Schiffen transportiert, rund 85 Prozent davon über den Rhein. Im vergangenen Jahr sank der Pegel auf ein Rekordtief und obwohl Teile des Gütertransports auf Straßen- und Schienenverkehr umgeleitet werden konnten, entstanden erhebliche Folgen für Industrie, Versorger, Landwirte und die Binnenschifffahrt. Auch in Zukunft wird vermehrt mit Niedrigwasserphasen gerechnet. Indexbasierte parametrische Versicherungslösungen können hier für mehr Planungssicherheit sorgen. Anhand offizieller Daten der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) wird der Pegelstand via Index abgebildet. Nun könnte z.B. ein Schwellenwert bei 170cm definiert werden. Sinkt der Pegel darunter, erhält der Betroffene seine Entschädigungszahlung. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder steigt die Entschädigung mit weiter fallendem Pegelstand oder mit jedem aufeinanderfolgenden Tag, an dem der Wasserstand unter 170cm liegt. Analog zu Niedrigwasser sind Auswirkungen von Hochwasser nach gleichem Prinzip versicherbar.

Risiko: Dürre

Hinsichtlich Wetterauswirkungen war 2018 auch für Deutschlands Landwirtschaft ein Rekordjahr. Im August waren 90 Prozent der Fläche Deutschlands von Dürre betroffen. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes wurden zehn Millionen Tonnen weniger Getreide als in den letzten Jahren geerntet. Hauptursache waren die extrem geringen Niederschlagsmengen ab Februar.

Aus Dürre resultierende finanzielle Verluste von Landwirten können mithilfe eindeutiger Messwerte im versicherten Areal über parametrische Deckungen abgesichert werden.

Die Risikoperiode kann z.B. zwischen Juni und August definiert werden. Der Schwellenwert könnte beispielsweise bei 150mm und die Begrenzung der Entschädigungszahlung bei 50mm festgelegt werden. Pro mm unterhalb des Schwellenwertes steigt die Entschädigungszahlung. In Deutschland gibt es über 3.500 zertifizierten Wetterstationen, auf deren Datensätze zugegriffen werden kann. Entsprechende Versicherungen können damit flächendeckend angeboten werden. Neben Niederschlagsmengen können diverse andere Wetterdaten für parametrische Deckungen herangezogen werden. So können sich z.B. Obstbauern gegen finanzielle Verluste wegen Frost, Betreiber von Skigebieten aufgrund zu geringen Schneefalls oder Biergarten-Betreiber wegen zu hoher Niederschlagsmengen und -frequenzen absichern.

Risiko: Ernteertragsausfall

Ernteeinbußen lassen sich nicht immer auf Dürre zurückführen. Genauso können andere Wetteranomalien oder Schädlingsbefall zu finanziellen Verlusten führen. Landwirte, die ihre Ernteeinkünfte nach dem Allgefahren-Prinzip vollumfänglich absichern möchten, können hierfür eine sogenannte Ernteertrags-Indexversicherung nutzen. Möchte beispielsweise ein Landwirt aus NRW seine Kartoffelernte absichern, werden zunächst historische Datensätze der Kartoffelernte aus NRW aggregiert und mit einem Index abgebildet. Daraus kann ein Mittelwert ermittelt und dieser als Vergleichswert verwendet werden. Vielleicht rechnet der Landwirt mit mehr Ertrag pro ha als durchschnittlich in seiner Region zu erwarten ist. Um solche Abweichungen zu berücksichtigen, werden die Daten des Landwirtes mit den Referenzwerten ins Verhältnis gesetzt. Aus der geplanten Anbaufläche, erwarteter Ernte und der Marge pro Tonne ergibt sich die Versicherungssumme. Als nächstes entscheidet der Landwirt, welchen Anteil des Risikos er selbst tragen möchte. Entsprechend werden Trigger und Exit festgelegt.

Je t/ha unterhalb des Schwellenwertes erhält der Landwirt auf Basis der vertraglich definierten Durchschnittsmarge pro Tonne Entschädigung für seinen finanziellen Verlust. Neben einzelnen Getreide- oder Pflanzensorten können Landwirte ihr ganzes Portfolio in einzelnen oder mehreren Regionen absichern.

Risiko: Hagel

Auf fast drei Milliarden Euro beläuft sich eines der größten Schadenereignisse für die deutsche Versicherungswirtschaft: ein Hagelschaden. Tausende Autos auf Abstellflächen von Autohändlern und  herstellern wurden zerbeult, großflächig kam es zu Ernteausfällen und zahlreiche Fassaden aus Glas oder Blech wurden beschädigt. Da Hagelereignisse im Rahmen von Sommerstürmen häufiger auftreten und oftmals kleinflächige Areale betreffen, kooperiert beispielsweise AXA mit einem Datenanbieter, der zu Beginn der Vertragslaufzeit spezielle Wetterstationen auf dem Gelände des Versicherten aufstellt. Diese erfassen präzise die Größe sowie Aufprallwinkel und  geschwindigkeit der Hagelkörner und bieten somit die Grundlage für eine umgehende und transparente Berechnung der Kompensationszahlung.

Risiko: Waldbrand

Dürre ist neben erhöhten Temperaturen und kürzerer Winter eine der Hauptursachen für die immer häufiger auftretenden Waldbrände rund um den Globus. In den letzten 40 Jahren hat sich die verbrannte Fläche pro Jahr verdoppelt. Mit 400 Milliarden US Dollar werden die Schäden der kalifornischen Waldbrände des vergangenen Jahres beziffert. Solche Katastrophen haben immense Auswirkungen für Wirtschaft und Bevölkerung. Mithilfe von Satellitenbildern (NASA, Copernicus) können Waldbrände und abgebrannte Flächen in Echtzeit erfasst werden. Versicherer haben Algorithmen für die Analyse von Satellitenbildern bis auf Pixelebene entwickelt, um Flächen auf Brände zu überprüfen und die Größe der verbrannten Flächen – ebenfalls in Echtzeit – zu ermitteln.

Damit können parametrische Deckungen für die Versicherung beliebig großer Flächen gegen die Zerstörung durch Waldbrand entwickelt werden. Sobald z.B. mehr als ein bestimmter Prozentsatz der Fläche zerstört ist, wird die Versicherung ausgelöst und pro ha eine vorher vereinbarte Entschädigungssumme ausgezahlt. Über die frei zugängliche Plattform „MODIS“ von NASA können Versicherungsnehmer jederzeit Ihr Risiko überwachen.

Ausblick

Obwohl parametrische Versicherung nicht grundlegend neu ist, hat sie dank deutlich verbesserter Qualität und Verfügbarkeit der relevanten Daten stark an Bedeutung gewonnen. Sie bietet schon jetzt eine schnelle, flexible und transparente Alternative für die Deckung wetterbedingter Risiken, die im Zuge des Klimawandels noch häufiger und stärker auftreten werden. Mit über 40 Wetterparametern und innovativen Technologien – z.B. künstlicher Intelligenz, Deep Learning, IoT, Space Data Analytics – sowie durch Nutzung von Satellitenbildern und Messdaten von Wetterstationen können Versicherer das Potential von parametrischen Deckungskonzepten weiter maximieren. Ein besseres Verständnis sowie der effizientere Umgang mit Daten wird es ermöglichen, innovative Versicherungslösungen für weitere Wirtschaftszweige und ihre spezifischen Risiken zu entwickeln.

Erstveröffentlichung: Die VersicherungsPraxis, Ausgabe 8/2019

Bitte füllen Sie das folgende Formular aus, um den Autor dieses Artikels zu kontaktieren.

Vorname ist ein Pflichtfeld
Familienname ist ein Pflichtfeld
³¢Ã¤²Ô»å±ð°ù²¹³Ü²õ·É²¹³ó±ô
Ungültige E-Mail-Adresse E-Mail ist ein Pflichtfeld
 
Invalid Captcha
Newsletter

Weitere Artikel

Fast Fast Forward abonnieren