
In Bewegung bleiben: Umgang mit dem Frachtrisiko in Zeiten von COVID-19
April 17, 2020
Von Pascal Matthey
Chief Risk Consulting Officer, Marine
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die Maßnahmen, die von Regierungen und Behörden ergriffen wurden, um ihre Ausbreitung zu bekämpfen, betreffen Unternehmen aller Art auf der ganzen Welt.
In erster Linie ist dies eine sehr menschliche Krise. Der Schutz von Gesundheit, Sicherheit und Leben steht an erster Stelle. Auch wenn die Regierungen weltweit auf unterschiedliche Weise versuchen, die Virusverbreitung einzudämmen, verfolgen sie doch dasselbe Ziel: Die Menschen so gut wie möglich zu schützen und die Übertragung des Virus zu stoppen.
Unternehmen und Einzelpersonen erproben neue Arbeitsweisen, um weiter so sicher wie möglich arbeiten zu können. Die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter, Krisenmanagement, Geschäftskontinuität und Kommunikation sind von zentraler Bedeutung.
Jedes Element der Lieferkette ist von den Beschränkungen im Personen- und Warenverkehr betroffen, die von verschiedenen Regierungen auferlegt wurden, um die Ausbreitung von COVID-19 zu stoppen. Viele Produktionsstätten sind geschlossen oder haben ihre Produktion drastisch heruntergefahren. Lieferungen können sich verzögern oder sogar ausfallen, weil es zu schwierig sein kann, Waren in der bislang üblichen Zeit zu transportieren.
In manchen Fällen können Güter physisch beschädigt werden; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um verderbliche Waren handelt.
Unseren Kunden drohen möglicherweise Verluste aufgrund von Betriebsunterbrechungen oder Vertragsstrafen, weil ihre Fracht einfach nicht mehr so schnell oder auf dieselbe Weise bewegt werden kann wie vor Beginn der Ausbreitung des Virus.
Wir leben in schwierigen Zeiten, aber die Prävention von Frachtschäden darf nicht vernachlässigt werden. Wir bieten diverse Möglichkeiten des Ferndialogs an, um Informationen zu sammeln und entsprechende Empfehlungen an unsere Kunden abzugeben – selbst in Fällen, in denen eine Begutachtung vor Ort nicht möglich ist.
Die neue Normalität bewältigen
Die Schließung einiger Landesgrenzen und der dramatische Rückgang von Transporten haben zur Folge, dass das Volumen – und der Wert – der Bestände in Lagerhäusern oder anderen Lagereinrichtungen erheblich zunehmen können. In einigen Fällen werden zusätzliche Lagerorte benötigt, um solche erhöhte Bestandsvolumina zu bewältigen.
Kunden, die sich in einer solchen Situation befinden, empfehlen wir, die Lieferkette zu überprüfen und die entsprechenden Bereiche zu identifizieren, in denen der Warenverkehr gestoppt werden könnte. Sie sollten den Wert von Gütern schätzen, die möglicherweise zwischengelagert werden müssen – entweder auf dem Transitweg oder am vorgesehenen Bestimmungsort. Darüber hinaus ist es geboten, Informationen über das Lager zu sammeln, in der die Güter aufbewahrt werden, und sich mit dem Versicherer in Verbindung zu setzen, um eine Risikobewertung vorzunehmen.
Wir bieten diverse Möglichkeiten des Ferndialogs an, um Informationen zu sammeln und entsprechende Empfehlungen an unsere Kunden abzugeben – selbst in Fällen, in denen eine Begutachtung vor Ort nicht möglich ist.
Auch die Schließung von Betriebsstätten wie Lagerhäusern oder Logistikzentren für Mitarbeiter ist für viele Unternehmen, die Waren lagern, ein Problem. Auch in dieser Situation können sie Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Güter sicher aufbewahrt werden, selbst wenn weniger Personal vorhanden ist. Sie sollten etwa dafür sorgen, dass Schutzsysteme rund um die Uhr in Betrieb sind. Es ist sicherzustellen, dass Alarmvorrichtungen vorhanden sind und gegebenenfalls Wachpersonal zur Verfügung steht. Die Funktionsfähigkeit von Brandmeldeanlagen sollte ebenfalls geprüft werden, und auch die Energieversorgung muss konstant sichergestellt bleiben. Risikospezialisten können eine Fernanalyse anbieten, um Kunden die nötige Sicherheit zu geben.
Als weitere Folge der Beschränkung des Warenverkehrs kann es vorkommen, dass in einigen Fällen weiche oder verderbliche Waren länger gelagert werden müssen, als dies normalerweise der Fall wäre. In solchen Fällen sollten die Kunden zusätzliche Kontrollen der Produkte durchführen und sicherstellen, dass Temperatur und Feuchtigkeit im Lager adequat sind, dass Schädlinge bekämpft werden und die Verpackung der Waren nach einem angemessenen Standard erfolgt.
Änderungen beim Transport
Viele Unternehmen sind zusätzlich von den Folgen einer drastischen Reduzierung der Flüge betroffen. Etwa 60 % der jedes Jahr weltweit durch Luftverkehr transportierten Fracht erfolgt durch Passagierflugzeuge; durch das Startverbot für einige Fluggesellschaften und den enormen Rückgang der Passagierflüge in den letzten Wochen ist dies nicht mehr möglich. Zudem reichen die verfügbaren Frachtflugzeuge einfach nicht aus, um das übliche Frachtaufkommen zu bewältigen.
Unternehmen, die von Transportproblemen betroffen sind, können folgende Maßnahmen treffen: Erstens sollten sie diejenigen Güter identifizieren, die infolge einer Transportverzögerung Schaden nehmen könnten, und sich darum bemühen, dass diese unter geeigneten Bedingungen vorübergehend zwischengelagert werden; solche Güter könnten beispielsweise eine temperaturkontrollierte Einrichtung benötigen.
Sie können zudem ihren Spediteur bitten, nach alternativen Routen für den Transport ihrer Güter zu suchen. In den letzten Tagen schlugen beispielsweise einige Fluggesellschaften vor, auf bestimmten Strecken Flugzeuge, die eigentlich für die gewerbliche Personenbeförderung bestimmt sind, stattdessen vorübergehend der Frachtbeförderung zu überlassen.
Auch der Schiffstransport bekommt die Veränderungen durch das weltweite Vorgehen gegen COVID-19 zu spüren.
Hier stellt die Einstellung des Geschäftsbetriebs von Werften in China eine besondere Herausforderung dar. Es ist mit einer Verzögerung bei der Nachrüstung von Schiffen zu rechnen, die erforderlich ist, um die von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation festgelegte Obergrenze für Schwefelemissionen einzuhalten. Die Folge dürfte sein, dass manche Schiffe für einige Zeit nicht eingesetzt werden können. Es ist auch zu befürchten, dass einige Schiffe keine Unterwasserprüfung durchlaufen können.
Kunden müssen diese Faktoren beim Chartern neuer Schiffe berücksichtigen und sicherstellen, dass diese Schiffe den internationalen Vorschriften entsprechen. Auch in solchen Fällen können Risikospezialisten Ferngutachten erstellen, um Kunden bei der Wahl des Schiffes und in Fragen der Einhaltung von Sicherheitsregeln und -vorschriften zu helfen.
Unterbrechungen der Lieferkette
Manche Maßnahmen von Spediteuren oder Frachtführern können zu Verzögerungen oder Unterbrechungen in der Lieferkette führen. Wir empfehlen unseren Kunden, den Wortlaut der betreffenden Klausel über höhere Gewalt zu überprüfen und sich auf zukünftige Haftungsdiskussionen vorzubereiten.
Viele Kunden werden zur Aufrechterhaltung der Lieferkette neue Spediteure einsetzen wollen. Es ist wichtig, dass bei der Beurteilung der operativen Sicherheitsstandards neuer Logistikanbieter mit derselben Strenge vorgegangen wird, wie dies vor der Krise der Fall gewesen wäre.
Wir befinden uns in einer noch nie erlebten Situation. Die Krise hat sich weltweit ausgeweitet. Unternehmen aller Branchen müssen sich an die veränderten Bedingungen anpassen, um ihre Geschäftstätigkeit aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und Kunden zu schützen.
Die jüngsten Schockwellen in der Lieferkette wie das Erdbeben und der Tsunami in Japan im Jahr 2011 haben uns wertvolle Lektionen gelehrt und wichtige Einblicke in die Art und Weise gegeben, wie diese Krisen bewältigt werden können. Heute stehen wir vor einer völlig anderen Herausforderung mit globalen Ausmaßen.
Trotz allem bleibt unser Risk Engineering im Einsatz. Wir können Fernanalysen anbieten und sind da, um unseren Kunden mit unseren Erfahrungen dabei zu helfen, die gegenwärtigen Herausforderungen zu bewältigen.
Bis zum nächsten Mal. Bleiben wir im Gespräch.
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